Erfahrungsbericht Alexandra

Hintergrund:
Kurz vor meinem Studienabschluss in klinischer Psychologie im letzten Sommer beschloss ich, mir einen langjährigen Wunsch zu erfüllen: ein Volontariat im Ausland! Im Jahr zuvor hatte ich Südamerika und dessen Kultur als Rucksack-Touristin kennen- und lieben gelernt, gemerkt, dass mein holpriges Spanisch – ein eingerostetes Überbleibsel aus der Schulzeit – für einfache Konversationen ausreichte und andere Reisende getroffen, die mir von ihren Erfahrungen als Freiwillige berichteten. Dadurch fasste ich Mut und von einem unsicheren „Das wäre eigentlich eine tolle Erfahrung…“ kam ich nun zu einem entschlossenen „Das mache ich!“. Seit drei Jahren hatte ich nur noch mit Erwachsenen gearbeitet, obwohl mir die Arbeit mit Kindern früher sehr viel Spaß bereitet hatte. Für meinen bevorstehenden Berufseinstieg wollte ich nun herausfinden, ob das immer noch so war und das Projekt „Minadores de Sueños“ war hierfür die beste Möglichkeit! Die Fundación fördert Kinder aus schwierigen Verhältnissen in ihrer Entwicklung – eine Aufgabe, welche ich mir für mein zukünftiges Leben sehr gut vorstellen konnte.

Die Arbeit in der Fundación:
Die Arbeit in der Fundación war grandios! Das gesamte Team war freundlich und sehr hilfsbereit; falls etwas nicht ganz klar war, konnte ich jederzeit nachfragen – unabhängig davon, ob es den Umgang mit den Kindern betraf, die Zubereitung des „refrigerio“ oder das Streichen des Gartenzauns.

Neben den alltäglichen Aufgaben als Volontärin – z.B. „refrigerio“ vorbereiten, Unterstützung bei den Hausaufgaben, Beaufsichtigung (und spielen) in den Pausen und bei der Zahnhygiene – durfte ich mit einigen Kindern eine Einzelförderung im Rahmen eines individuellen Settings planen und durchführen. Schwerpunkte waren hier Aufmerksamkeit, Konzentration, Lesen, Rechtschreibung, Mathematik, Selbstwert und der Umgang mit Emotionen. Dadurch konnte ich mein Theorie-Wissen aus dem Studium endlich in der Praxis erproben und gleichzeitig vieles neu dazulernen. Darüber hinaus war es ein riesiges Erfolgserlebnis zu sehen, wenn Übungen „funktionierten“ und die Kinder etwas Neues lernten! Besonders interessant war, die individuellen Lebensrealitäten der Kinder im Gespräch mit ihnen genauer kennenzulernen und so auch vieles über die ecuadorianische Kultur und das Leben im Viertel zu erfahren. Die meisten der Kinder in der Fundación wachsen unter prekären Verhältnissen auf, in welchen es an Nahrungsmittel, Hygiene, Spiel- sowie Bildungsangeboten und Fürsorge mangelt. Sie sind tagsüber oft unbeaufsichtigt und kämpfen mit Hausaufgaben, die ohne Hilfe kaum zu bewältigen wären. Grundschulkinder sind verantwortlich für ihre jüngeren Geschwister. Viele erfahren Gewalt in ihrer Familie. Geweint wird trotzdem nicht. Vielleicht weil kleine Erwachsene das nicht tun.

In all der Armut bringen die Kinder jedoch beeindruckende Ressourcen mit: Energie, Lebensfreude und viele verrückte Ideen. In der Fundación dürfen sie spielen und Kinder sein und werden nicht nur in ihren Hausaufgaben unterstützt, sondern lernen gleichzeitig, dass sich Probleme mit anderen Kindern gewaltfrei lösen lassen und Hygiene sowie eine ausgewogene Ernährung für ihre Gesundheit wichtig sind. Insbesondere machen sie die Erfahrung, dass sie es wert sind, Aufmerksamkeit und Unterstützung zu erhalten und werden gleichzeitig dazu ermuntert, ihre Fähigkeiten einzusetzen, um angemessene Herausforderungen alleine zu lösen, ohne sie dabei zu überfordern.

Ein absolutes Highlight war für mich die Ferienwoche zu Carneval, in der ich bei der Vorbereitung und Durchführung eines Workshops zum Thema Sexualität und Missbrauch mitarbeiten durfte, wir mit den Kindern Thermalbäder besucht haben und eine Schatzsuche im Park veranstaltet haben. Dadurch konnte ich die Kinder noch einmal von einer anderen Seite kennenlernen, mit ihnen herumtoben, Schwimmübungen machen und Spaß haben.

Fazit:
In der Fundación stehen die Kinder an erster Stelle. Jeder ist darum bemüht, etwas Nützliches zu deren Entwicklung beizutragen. Ganz nach dem Motto „Alles kann, nichts muss“ ist man als Volontärin frei, das Projekt mit eigenen Ideen und aufgrund individueller Fähigkeiten und Interessen sinnvoll zu unterstützen. Das Volontariat in der Fundación „Minadores de Sueños“ war für mich eine enorme Bereicherung und eine starke Motivation, auch zukünftig mit Kindern zu arbeiten. Ich möchte mich sehr bei Alba und Marco, aber auch dem ganzen Team bedanken, welche diese wertvolle Erfahrung ermöglicht haben. Mein größter Dank geht jedoch an die Kinder der Fundación, von denen ich in den zweieinhalb Monaten am meisten lernen konnte und an die ich mich immer erinnern werde!